Hoffnung, Pflege, Leben
von Jenny Kubitza
Hoffnung gehört zur menschlichen Natur und ist lebensnotwendig. Ältere Menschen hoffen genau wie jüngere Menschen jeden Tag auf kleinere und größere Dinge. Bis zum Lebensende bleibt Hoffnung bestehen und stellt eine wichtige Strategie in der Bewältigung von schwierigen Lebensumständen und körperlichen Einschränkungen dar. Hoffnung hilft bei der Überwindung von Ängsten und Sorgen und kann aufgrund des transformativen Charakters ältere Menschen dabei unterstützen, sich auf neue Aspekte des Lebens zu konzentrieren und darin das Bedeutsame und Wertvolle des Lebens wieder zu erkennen.
Bilder wie dieses können Hoffnung vermitteln
Foto: Universität Trier Fachbereich I – Pflegewissenschaft
Menschen unterscheiden sich in ihren Hoffnungen und passen sie den persönlichen Bedarfen an. Damit verändert sich Hoffnung auch im Laufe des Lebens. Ältere Menschen hoffen vor allem aufgrund der zunehmenden Einschränkungen in der Alltagsbewältigung auf die Bewahrung der eigenen Selbstständigkeit, einhergehend mit der Verbesserung der körperlichen Kondition.
Ein sinnvolles und wertvolles Leben als Ziel
Die Hoffnung fokussiert sich zunehmend auf ein sinnvolles und wertvolles Leben in Würde und in Verbindung mit geliebten Menschen. Gute und enge Beziehungen zur Familie und Freunden werden als wesentliche Hoffnungen angegeben. Die Hochzeit des Enkels mitzuerleben und auf dieses bestimmte Ereignis hin zu fiebern, wirkt sich nicht nur lebenserhaltend, sondern auch lebensbejahend aus.
Hoffnung kann sich auch auf andere Menschen beziehen
Hoffnung wird für ältere Menschen nicht nur mit den eigenen Zielen und Wünschen in Verbindung gebracht. Man hofft vermehrt für andere und entwickelt uneigennützige Ziele für Familie und Freunde. Diese Gedanken helfen älteren Menschen dabei, sich als Teil eines größeren Ganzen zu verstehen und einen Teil von sich selbst im Leben anderer Menschen zu hinterlassen.
Dementsprechend haben Hoffnungen hohe persönliche Bedeutungen für die Menschen und motivieren sie, sich kontinuierlich emotional und kognitiv auf einen wichtigen Zustand oder ein wichtiges Ereignis zu fokussieren. Dieses starke persönliche Engagement ermöglicht es, das Bewusstsein für bisher unbekannte Fähigkeiten zu erweitern und neue Ressourcen aufzubauen. Damit kann Hoffnung und der feste Glaube an ein erfreuliches Ereignis zu positiven körperlichen und kognitiven Veränderungen beitragen. Mehrere Studien haben bereits die Wirkung der Psyche und der Willenskraft auf das Immunsystem und andere biologische Funktionen bestätigt.
Hoffnungsvolle Menschen sind um die Erhaltung und Förderung der eigenen Fähigkeiten bemüht, leben gesünder und unterstützen den Heilungsprozess bei akuten sowie chronischen Krankheiten durch die vitale Lebensenergie positiv.
Die hoffnungsfördernde Versorgung von älteren und pflegebedürftigen Menschen sollte daher eine zentrale Maßnahme bei pflegerischen Tätigkeiten darstellen. Pflegende als wichtige Bezugspersonen der alten Menschen können Hoffnung einschätzen, individuelle Hoffnungsquellen erfragen und durch gezielte Interventionen unterstützen. Dabei reichen meistens schon banale und wenig zeitintensive Maßnahmen zur Hoffnungsförderung aus.
„Die Vorhersehbarkeit von Besuchen gibt älteren Menschen ein konkretes Ziel, auf welches sie sich konzentrieren und freuen können.“
Um beispielsweise den elementaren Hoffnungsträger der sozialen Beziehungen zu unterstützen, genügt es bereits, die Familienmitglieder und Freunde darauf hinzuweisen, den nächsten Besuch mit einem festen Tag oder den nächsten Anruf mit einer fest terminierten Zeit anzukündigen. Pflegepersonen als Hoffnungsvermittelnde können den Angehörigen erklären, dass eine Vorhersehbarkeit von Besuchen und Telefonaten den älteren Menschen ein konkretes Ziel vorgibt, auf welches sie sich konzentrieren und freuen können. Dieser Ansatz ist relativ schnell und leicht durch die Pflegenden umzusetzen und trägt effektiv zur Hoffnungssteigerung bei älteren Menschen bei.
Hoffnung als Konzept in der Pflege
Die Veränderungen zeigen sich bei den Betroffenen nicht direkt, sodass Wiederholungen und Ausdauer bei den meisten Interventionen benötigt werden. Ein entsprechendes Konzept für den Pflegealltag erweist sich hierbei als hilfreich. Neben eines Konzeptes stellen auch fachliche und personelle Kompetenzen Voraussetzungen für eine effektive Integration der Hoffnung in den pflegerischen Alltag dar. Pflegefachpersonen müssen zunächst den eigenen Prozess des Hoffnung-Schöpfens für sich reflektieren, bevor Sie Hoffnung vermitteln können. Hierfür entwickelt die Abteilung Pflegewissenschaft der Universität Trier ein entsprechendes Schulungskonzept unter dem Namen HoPe II. Die Schulung wird mit der Unterstützung von zwei stationären Altenpflegeeinrichtungen entwickelt, damit ökonomische Rahmenbedingungen berücksichtigt und integriert werden. Ziel der Schulung ist es, die notwendigen Qualifikationen für die Beschäftigten der Altenpflege zur Umsetzung von Hoffnung im Pflegealltag zu schaffen.
Einen ersten Eindruck über hoffnungsfördernde Maßnahmen erhalten Sie auch bei der Website „Pflegen-Online“ unter https://www.pflegen-online.de/bewohnern-hoffnung-machen-das-laesst-sich-lernen
Für weitere Informationen zum Thema Hoffnung sowie zum Forschungsprojekt kontaktieren Sie gerne jederzeit das Team der Universität Trier, Pflegewissenschaft. Projektleiterin: Univ.-Prof. Dr. M. Haas, haasm@uni-trier.de
Autorin dieses Beitrags und Projektkoordinatorin „Hoffnung“:
Jenny Kubitza, MSc Pflegewissenschaft, kubitza@uni-trier.de
Hoffnung, Pflege, Leben
Literatur:
Abt-Zegelin, A. (2009). Hoffnung: Energiequelle in schwierigen Zeiten. Die Schwester Der Pfleger, 48 (3), 290-294.
Dickens, A.P., Richards, S.H., Greaves, C.J. & Campbell, J.L. (2011). Interventions targeting social isolation in older people: a systematic review. BMC Public Health, doi: 10.1186/1471-2458-11-647
Haas, M. & Kopp, I. (2020). Menschen in den letzten Phasen ihres Lebens Hoffnung schenken – eine pflegerische Aufgabe. Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen,82(1), 4-6.
Herth, K.A. & Cutcliffe, J.R. (2002). The concept of hope in nursing 4: hope and gerontological nursing. British Journal of Nursing, 11 (17), 1148-1156.
Kraft, A.M. & Walker, A.M. (2018). Positive Psychologie der Hoffnung. Grundlagen aus Psychologie, Philosophie, Theologie und Ergebnisse aktueller Forschung. Berlin: Springer.