Impfung gegen Demenz und Alzheimer?

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Impfung Demenz Alzheimer

„Wird es eines Tages einen Impfstoff gegen Demenz und Alzheimer geben?“ – Als Wissenschaftler stelle ich die Gegenfrage: „Warum nicht?“ Bestärkt werde ich in meiner Zuversicht durch eine Reihe von Forschungsergebnissen, die den allgemeinen Kontext „Impfungen und Demenz“ analysiert haben. Gerade vor einigen Tagen – am 15. November 2021 – wurde in The journal of nutrition, health & aging ein Beitrag veröffentlicht, der Mut macht.

Im Doisy Center der Saint Louis University werden die Zusammenhänge zwischen Impfungen, Demenz und Alzheimer untersucht.

Common Adult Vaccinations may Reduce Risk for Dementia

Unter diesem Titel berichten Jeffrey F. Scherrer und vier Kollegen von der Saint Louis University School of Medicine über ihre aktuellen Forschungsprojekte.
https://doi.org/10.1007/s12603-021-1695-2

Nachfolgend die aus meiner Sicht spannendsten Fakten.

Doisy Research Center der Saint Louis University School of Medicine

Foto: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/94/Doisy_Research_Center.jpg WikipediaWatchDog, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Theoretische Grundlage

Es gibt Hinweise, dass Virus-, Pilz- und bakterielle Entzündungen an der Entstehung von Demenz beteiligt sind. Insofern könnte es möglich sein, dass Impfungen, die Erkrankungen verhindern, die mit solchen Entzündungen einhergehen, auf indirektem Wege das Demenzrisiko verringern.

Bereits vor 20 Jahren (2001) gab es empirische Belege für diese Vermutung. Daten der sogenannten Canadian Study of Health and Aging zeigten einen Zusammenhang zwischen Impfungen gegen Diphterie, Polio, Tetanus mit der Häufigkeit des Auftretens von Demenz im Alter. Die Geimpften hatten einen deutlich geringeren Anteil an Alzheimerpatienten („60% lower AD incidence“).
Past exposure to vaccines and subsequent risk of Alzheimer’s disease

Aktuelle empirische Belege für einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Demenz: drei Studien

Mit zwei aktuellen Datensätzen haben Scherrer et. al. weitere Belege für einen Zusammenhang zwischen Impfungen und demenziellen Erkrankungen gesucht. In einer ersten Studie fanden sie folgendes Ergebnis: Patienten, die im Laufe ihres Lebens Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis erhalten hatten, zeigten im Vergleich mit den Ungeimpften einen geringeren Anteil an demenziell Erkrankten (42% less likely to develop dementia).
Lower Risk for Dementia Following Adult Tetanus, Diphtheria, and Pertussis (Tdap) Vaccination

In einer weiteren Studie analysierten die Autoren einen möglichen Zusammenhang zwischen Influenza-Impfungen und Demenz. Ergebnis: Bei Probanden mit 1 – 5 Impfungen konnte kein protektiver Effekt gemessen werden. Bei sechs und mehr Impfungen im Verlauf des Lebens konnte ein signifikanter positiver Einfluss der Influenza-Impfungen nachgewiesen werden.
Dementia risk following influenza vaccination in a large veteran cohort

In einer dritten Analyse untersuchten die Autoren der Saint Louis University School of Medicine den Effekt von Herpes Zoster Impfungen auf das Demenzrisiko. Wieder das gleiche Bild: Die Geimpften hatten ein geringeres Risiko an Demenz zu erkranken (Studie war am 19. November noch nicht veröffentlicht).

Erklärungsansätze für den Zusammenhang zwischen Impfungen und Demenz

Scherrer et al. sehen keine spezifischen Effekte einzelner Impfstoffe auf das Demenzrisiko. Dafür sei das Spektrum der betrachteten Impfstoffe – bei vergleichbarer protektiver Wirkung – zu groß gewesen. Auch Störvariabeln wie sozialer Status, Gesundheitsverhalten usw. schliessen sie als Erklärungen aus, da sie diese Variablen in ihren Analysen weitestgehend kontrolliert hatten.

Sie vermuten stattdessen, dass Impfungen das Immunsystem trainieren, erfolgreicher mit viralen, bakteriellen und nicht-infektiösen Entzündungsrisiken umzugehen und dadurch Entzündungsprozesse verhindern, die neuroanatomische Schäden verursachen können.

Meine Einschätzung: Die Forschung zum Themenkreis „Demenzprävention durch Impfung“ steht ganz am Anfang. Zuversichtlich stimmt mich, dass allgemeine Effekte, die indirekt auf das Demenzrisiko wirken, offenbar vorhanden sind. Diese Forschungsergebnisse könnten Impulse geben, wie ein Impfstoff beschaffen sein müsste, der gezielt neurale Entzündungsprozesse und nachfolgende Schäden wie Demenz und Alzheimer verringern könnte.

Übrigens: Sinneseinschränkungen können das Auftreten einer Demenz fördern. Mehr dazu hier.

Wie man sein persönliches Demenzrisiko durch ein MRT bestimmen kann: https://agesuit.com/kuenstliche-intelligenz-kann-biologisches-alter-auf-2-jahre-genau-bestimmen/

Impfung Demenz Alzheimer

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Autor: Gundolf Meyer-Hentschel

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