Die volkswirtschaftlichen Kosten von chronischen Schmerzen sind schon seit längerem Gegenstand der Wissenschaft, z.B. https://doi.org/10.3111/13696998.2012.716383
Jetzt hat sich eine kanadische Studie speziell der Patientengruppe Bewohner von Pflegeheimen gewidmet. Diese wurden in den meisten vorliegenden Studien nicht berücksichtigt. Zentrale Erkenntnis: Durch ein optimiertes Schmerzmanagement wären erhebliche Einsparungen möglich.
Die Studie mit dem Titel „Pain-related health care costs for long-term care residents“ ist am 14. Oktober 2021 im Journal BMC Geriatrics publiziert worden. Autoren sind Harminder Guliani et al. von der University of Regina in der kanadischen Provinz Saskatchewan sowie von kanadischen Gesundheitsbehörden. https://doi.org/10.1186/s12877-021-02424-2
Die Autoren betonen zu Beginn, dass es ihres Wissen nach bisher keine grosse Untersuchung gibt über das Thema „Schmerzkosten“ in Pflegeheimen. Guliani et al. haben für ihre Studie die Daten von 16.581 Pflegeheimbewohnern ausgewertet.
Hohe Gesundheitskosten durch Schmerzen von Pflegeheimbewohnern
Pflegeheimbewohner mit täglichen Schmerzen verursachen im Durchschnitt fast 25 % höhere direkte Gesundheitskosten pro Jahr. Die konkreten Beträge in Kanadischen Dollar sind: $8.063 im Vergleich zu $6.455 für Bewohner, die nur schwache Schmerzen berichten. Bei den direkten Gesundheitskosten handelt es sich um Krankenhauseinweisungen, Kosten für Allgemeinmediziner und Fachärzte sowie die Kosten für verschreibungspflichtige Arzneimittel.
Um sicher zu gehen, dass diese Unterschiede tatsächlich auf den Schmerzstatus zurückzuführen sind und nicht auf zugrunde liegende Begleiterkrankungen oder das Lebensalter, kontrollierten die Autoren bei der Auswertung in ihrem statistischen Modell solche Einflussgrössen, u.a. Alter, Geschlecht, sowie Gesundheitszustand vor Eintritt in das Pflegeheim (Morbidität). Auch bei Ausschluss dieser möglichen Einflussfaktoren beobachteten sie einen signifikanten Einfluss von täglichen chronischen Schmerzen auf die direkten Gesundheitskosten.
Zusätzliche „indirekte“ Kosten des Schmerzes
Die Autoren betonen, dass man ergänzend zu den erfassten direkten Gesundheitskosten des Schmerzes auch „indirekte Kosten“ betrachten müsse. Zum einen könne dies ein höherer Betreuungsaufwand für Bewohner mit chronischen Schmerzen in der jeweiligen Einrichtung sein. Zum anderen müsse man auch die emotionalen Wirkungen von Schmerzen und das Leiden daran mit allen Konsequenzen für die Lebensqualität der Betroffenen berücksichtigen.
Konsequenzen für die Gesundheitspolitik
Guliani und Kollegen interpretieren ihre Ergebnisse mit gesundheitspolitischer Zielrichtung. Die suboptimale Betreuung von Schmerzpatienten (zumindest in den betrachteteten Pflegeeinrichtungen) liege nicht in der Verantwortung der jeweiligen Einrichtungen, sondern sei den zu geringen personellen und finanziellen Mitteln geschuldet.
Sie plädieren dafür, den Pflegeeinrichtungen mehr Ressourcen für das Schmerz-Assessment und ein professionelles Schmerzmanagement zuzuweisen, damit dort die Möglichkeiten bestehen, Schmerzen schnell zu erkennen und zu therapieren. Auf diese Weise liessen sich viele der beobachteten kostspieligen Massnahmen (vor allem Hospitalisierungen und kostenträchtige Medikamente) wesentlich reduzieren. Zudem hätte eine solche geänderte Ressourcen-Verteilung (von Krankenhäusern und Ärzten in Richtung Pflegeeinrichtungen) auch Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bewohner.
Hintergrundinformationen zu den Daten der Studie
Die für die Studie benötigten Daten waren verfügbar, weil Kanada über ein steuerfinanziertes öffentliches Gesundheitssystem verfügt, das die Möglichkeit bietet, sehr detaillierte Gesundheitsdaten über jeden einzelnen Patienten zu erfassen und – bei Bedarf – zusammenzuführen. Die für diese Studie ausgewerteten Daten wurden zur Verfügung stellte vom Health Quality Council of Saskatchewan. Wissenschaftler, die ähnliche Gesundheitsdaten für Forschungszwecke nutzen möchten, können mit einem Klick auf das folgende Bild weitere Informationen bekommen. Ein Antragsformular im pdf-Format finden Sie hier.
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